Skandal! Beim Turnen wird gelacht!
Misstöne an der Turnfahrt Linthal vom 3. September 1876
Da in Linthal ein Turnverein aus der Taufe gehoben wurde, sollte der Hinterländer Bevölkerung das Turnen mit einer Turnveranstaltung verständlicher gemacht werden. Doch um die Disziplin war es sowohl bei den Turnern als auch beim Publikum schlecht bestellt. Lehrer Forrer berichtet:
Und mitten in der erwartungsvollen Menge stand eine kleine Turnerschar, die zwar regelrecht aufgestellt war, aber mehr nur dunkle Ideen hatten als genaue Kenntnisse der Übungen. Wer unter solchen Umständen den Leiter des ganzen hätte beneiden sollen, müsste ein Strohkopf gewesen sein.
Die Musik intonierte, die Produktion begann. Feierliche Stille herrschte. Plötzlich wurde diese Ruhe von hellem Lachen unterbrochen. Etwelche Zerstreuung musste sich irgend eines Turners bemächtigt haben und das teilt sich bekanntlich wie die Pest den anderen mit, denn nur so geschah es denn, dass verschiedene Bewegungen sehr zu unrechter Zeit ausgeführt wurden und sichtlich Mühe hatten die versäumten Takte wieder einzuholen. Das Publikum versuchte vergeblich aus diesem Chaos von Bewegungen Gesetze herauszufinden und erlaubte sich schliesslich, durch schadenfrohes Lachen seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Das hatte indessen geringe Wirkung auf die Turner. Wie alle grossen Geister kümmerten sie sich wenig um des Volkes Stimme. Die Musikanten und Turner wagten einen zweiten Gang der zum Erstaunen aller bedeutend besser ausfiel als der erste.
Ende gut, alles gut.
Aus: Vogel-Weber, Paul (1924): Glarnerischer Kantonalturnverein 1874–1924. Denkschrift. Eine Übersicht über die Entwicklung des Turnwesens im Kanton Glarus, S. 11f.