Nidelabend
Eintrittspreis: Ein Birnbrot
Der Begriff Nidelabend wird im Zusammenhang mit der Turnbewegung im Glarnerland erstmals 1862, ein weiteres Mal 1955 im HV-Protokoll vom MTV Ennenda erwähnt. Überliefert ist der Nidelabend auch als Abschluss eines Festessens im Familienkreis, meist an Weihnachten oder Neujahr.
Zum Nidelabend 1862 wird berichtet, dass jeder mit einem währschaften Birnbrot als Eintrittspreis erscheinen musste. Gemütliches Birnbrot-Essen im Kerzenschein? Auf Nachfrage bei älteren Semestern wird der Abend als gemütliches Beisammensein zur Pflege der Kameradschaft beschrieben. Und der Nidel? Ein verschmitztes Lächeln huscht über die Gesichter: «Ja, das isch de mängmal schu e Börs gsii.» Von den Ennendanern ist überliefert, dass sie sich im Zwetschgenhof oder im Skihaus, die meisten Turner waren auch im Skiclub, zum Nidelabend trafen. Im Laufe des geselligen Abends wurde eine grosse Schüssel Nidel in die Tischmitte gestellt. Dazu gab’s Meringues. Oft war mehr Nidel da als Merinques und die Ideen, was mit dem überschüssigen Nidel anzufangen sei, wurden, je später die Stunde schlug, auch nicht besser, wie das Bild aus der Jubiläumsschrift des NSC aus dem Jahre 1981 beweist. Und der Zwetschenhofwirt? «Ja deer het kei Freud gha.»
Vacherin á la Turnverein
Um sein schütteres Haupthaar zu verstecken, trug einer der Turnkameraden jahrein jahraus ein selbst gestricktes Chäppli. Im tiefen Schlaf stibitzten die Kameraden das geliebte Chäppli, tränkten es mit Wasser und legten es, fein säuberlich auf einem Teller, nach draussen in die bitterkalte Nacht. Am Morgen eine gehörige Portion Nidel drauf und fertig war die Vacherintorte.
Erinnerungen werden wach
Also nur eine kleine Verstimmung bei der damaligen Wirtin nach den legendären Nidelabenden? Ihre Nichte vernahm die Geschichte dieser Tage und hat sie, mittlerweile 85-jährig, in Erwartung einer amüsanten Anekdote, darauf angesprochen. Sie erinnert sich. Sofort. Und resolut: «Ich habe meine Grossmutter noch nie fluchen gehört, aber hoppla!» Das war mehr als «sie het kei Freud gha». Und was bleibt? Turner, schämt euch!
Text: Ernst Schreiber
Bilder: zVg. NSC Glarus