Heute im Portrait: Ueli Wild, Netstal
Man schrieb das Jahr 1960 als Hansueli Wild vom Escherheim in Ziegelbrücke mit dem Velo von «ännet am Jordan» das erste Mal in die Jugi nach Niederurnen fuhr und im gleichen Jahr am Jugitag in Netstal mit Stolz sein erstes Turnerkreuz an den Turnbändel heften durfte.
Hansueli, der Turner
Der TV Niederurnen in den 60er-Jahren, das war die Zeit der nationalen Turnkoryphäen Jean Reumer und Sepp Violetti. Unter ihren Blicken «geschliffen» zu werden, war Ehre und Last zugleich, denn der Jean gab keine Ruhe bis «die Haxen gestreckt waren». Trotz Trainingsfleiss, den Handstand am Barren schaffte er nie in der gewünschten Perfektion. In der Folge konzentrierte er sich auf die Leichtathletik und das Nationalturnen und konnte sich in der Kategorie B, der zweithöchsten Leistungsklasse, etablieren. Sein Können am Eidgenössischen Turnfest in Aarau 1972 zu zeigen, blieb ihm verwehrt. Er musste, mittlerweile Bahnhofvorstand in Netstal, an diesem Tag arbeiten, eine herbe Enttäuschung für den ehrgeizigen Turner.
Die damaligen Bestimmungen der SBB verlangten Wohnsitz am Arbeitsort. Durch die unregelmässigen Arbeitszeiten war an ein geregeltes Training nicht mehr zu denken. Auch wenn man die Reise nach Niederurnen mit dem Velo als Aufwärmen betrachten konnte, es war beschwerlich. Somit entschied er sich 1973 dem TV Netstal beizutreten. Der Vereinswechsel brachte diverse Neuerungen: Neue Vereinskameraden, neuer Name, denn die «Netschteler» waren der Meinung, bei uns heisst der Hansueli einfach nur Ueli, und ab sofort rückten die Vereinskammeraden in der Harmonie, dem Vereinslokal, zusammen und machten dem neuen Turner Platz.
Ueli der Administrator
Sein organisatorisches Talent blieb den neuen Vereinskameraden nicht verborgen. Sie wählten ihn 1973 zum Aktuar, 1974 zum Kassier und 1977 zum Präsidenten. Eine anspruchsvolle Zeit. Aushängeschilder des Vereins beendeten ihre Turnkarriere und in deren Sog mussten viel Austritte hingenommen werden. Am ETF in Genf war der einst stolze Verein mit lediglich acht Turnern vertreten. Aber der «Chelleschwängger», diesen neckischen Beinamen haben ihm die Netstaler irgendwann «verliehen», gab nicht auf. Während seiner Präsidialzeit traten die Protagonisten der 4 x 100 m-Staffel des GLAV dem Verein bei und ab 1985 turnten beim TV Netstal, als erstem Verein im Kanton, Frauen und Männer gemeinsam. Der Wandel vom antiken Tamburin zur gemischten Gymnastik war geschafft, der Wiederaufschwung eingeleitet.
Präsident ade … es lebe der Präsident
Nach 13 Jahren Vorstandsarbeit beim TV wollte er die Verantwortung in jüngere Hände geben. Mit sanftem Druck überzeugte er einen jüngeren Kameraden, das Präsidium zu übernehmen. Als neues Mitglied beim MTV Netstal wollte es Ueli etwas ruhiger angehen lassen. Zu seiner Überraschung schlug ihn der damalige Präsident an einer HV kurzerhand als neuen Präsidentschaftskandidaten vor. Er winkte ab, gab dem Drängen aber zwei Jahre später nach und führte den MTV Netstal umsichtig bis 2003.
Dankbar
An die vielen Stunden im Kreise der Turnerfamilie, die ihm so viel Schönes beschert haben, denkt Ueli mit grosser Zufriedenheit und Dankbarkeit zurück. Das grösste Dankeschön gilt aber seiner Frau, die ihn in seiner Passion unterstützt und ihm immer den Rücken frei gehalten hat. Heute lässt es Ueli etwas gemächlicher angehen, ist aber immer noch regelmässiger und verlässlicher Turnstundenbesucher nach dem Motto: Eher fehlt der Montag in der Woche als der Ueli in der Turnhalle.
Text: Ernst Schreiber
Bild: zVg.