Fit-Pla-Fra: Blick zurück mit Agnes Gerber
Die Fotoalben, Ordner mit Zeitungsausschnitten, der erste Weiterbildungspass auf dem Tisch dokumentieren die Turngeschichte von Agnes Gerber. Agnes war über 30-jährig, als sie sich dem Frauenturnverein Bilten anschloss. Sie war mit Freude und vollem Einsatz dabei, mit dem Resultat, dass sie als Leiterin vorgeschlagen wurde. Bereits 1985 absolvierte sie den ersten 3-tägigen Kurs in Davos. Es war streng, sinniert sie, aber auf den Unterhaltungsabend in Davos-Glaris wollten sie nicht verzichten. Von den Strapazen der intensiven Kurstage gezeichnet und von einem gehörigen Muskelkater geplagt nahmen sie den Weg, nicht wirklich leichten, geschmeidigen Schrittes, unter die Füsse. Es war ein toller Abend. Sie waren aber auch glücklich, dass sie nicht zum Tanz aufgefordert wurden. «Das wär ja keis luege gsi, und weh hettis au nuch gmacht», lacht sie herzhaft.
Fit-Pla-Fra (Fit – Plausch – Frauen)
So hiess der Vorläufer vom heutigen Fit & Fun. Sie betrachtet die Bilder und rollt die Augen: «Ja, das isch nuch a schüne Chrampf gsi, das Bänggli schleppe.» Aber auch die Disziplin «Medizinball über die Stange» ging ganz schön an die Substanz. Nebst einem Lauf mit dem Tennisball auf dem Tamburin mussten auch Bälle durch ein Loch in 3 m Höhe geworfen werden.
Wobei Bälle, die STV-Vorgabe lautete:
Frauenstrümpfe mit Stoffresten auf Tennisballgrösse füllen, in möglichst runde Form stopfen, mehrmals verknoten und fertig war das offizielle Wurfgeschoss. Eine technische Abnahme mit entsprechendem Prüfzertifikat hielt man, wie das Bild festhält, offensichtlich nicht für notwendig. Nachhaltiges Recycling à la Schweizerischer Turnverband.
Turnfeste und Turnfahrten
War Not an der Frau, Agnes sprang ein. So auch 1994 zu einem Zentralkurs in Aarau. Im Anschluss wurde sie angefragt, ob sie angehende Leiter:innen an Verbands-Kreiskursen schulen möchte. Und wieder sagte Agnes zu. Genauso wie Jahre vorher als Wertungsrichter:innen gesucht wurden. Ihr breites Wissen und den Hang zur Perfektion hat sie augenscheinlich auch im Verein, im wahrsten Sinne des Wortes, gewinnbringend eingebracht. Es ist wohl kein Zufall, dass der FTV Bilten am Verbandsturnfest mit schöner Regelmässigkeit einen Käse gewinnt, der am gleichen Abend noch im Werkhof Bilten im Rahmen eines gemütlichen Raclette-Essens verspeist wird. Nachsatz: «Aber nüd das etzt all nach em Verbandsturnfescht uf Bilte chänd!»
Ein Käse und ein Bienenverein
Ein richtiger Käse anderer Art war die Farbwahl der neuen Turnleibchen. Die gelben Shirts waren nicht nur Sinnbild für den «ewigen Käsegewinn», sondern lockten auch Unmengen von Ungeziefer an, das an heissen Sommertagen millionenfach um den Kopf schwirrte. Die gelben Shirts trugen auch auf der Turnfahrt zum 40-Jahr-Jubiläum an der Grenze in Feldkirch zur Belustigung bei. Der Zöllner hatte Erbarmen mit dem Chauffeur und liess ihn mit den Worten «Weiter mit dem Bienenverein» passieren.
Randensaft
Der FTV Bilten nahm 1991 in Luzern, Agnes war mittlerweile Leiterin, das erste Mal an einem ETF teil. Von diesem legendären, verregneten Fest kann jeder Verein seine eigene Geschichte erzählen. So auch die Biltnerinnen. Gut vorbereitet, dem Anlass entsprechend gestylt, die Haare mit den trendigsten Farben getönt, Rottöne waren damals en vogue, schritten sie unerschrocken zur Übung. Wären die Haarfarben so wasserfest gewesen wie die Biltnerinnen, es hätte ein schöneres Bild gegeben, aber nur halb so lustig: «Die Soose isch übers ganz Gsicht und d’Liibli abe gloffe wie Randesaft.» Was sie bedauert? Dass es von diesem Moment keine Bilder gibt.
Text: Ernst Schreiber
Bilder: zVg. Agnes Gerber