Hometraining bei der RG Glarnerland
Seit dem Bundesratsbeschluss vom 16. März steht die Turnschweiz still und der übliche Trainingsbetrieb ist eingestellt. Gerade bei den Leistungssportgruppen sind Flexibilität und Kreativität gefragt, um einem Trainingsrückstand virtuell entgegenzuwirken – so auch bei der RG Glarnerland.
Gleich nach der Bekanntgabe der Massnahmen, welche Gruppentrainings verunmöglichten, mussten alternative Trainingsmöglichkeiten geschaffen werden. Normalerweise trainieren die Gymnastinnen drei bis vier Mal pro Woche gemeinsam in der Halle. Ein Glück, dass sie aufgrund der verschiedenen Trainingsorte und -hallen ihr Trainingsmaterial zuhause aufbewahren; so war alles Nötige bereits am neuen Trainingsort vorhanden.
Der Start in den «neuen» Trainingsbetrieb: Woche 1 und 2
Für die ersten beiden Lockdown-Wochen wurde kurzerhand ein privater Youtube-Kanal für die Mädchen eingerichtet. Jede Gymnastin erhielt einen Trainingsplan, welcher für jeden Trainingstag den Ablauf vorgab: Mit welchen Videos in welcher Reihenfolge zu trainieren sei. Wichtig ist dabei, dass nur Übungen gemacht werden, für die zuvor auch die nötigen Aufwärm-Übungen absolviert wurden. Mit einem Trainingsprotokoll dokumentieren die Gymnastinnen das Geübte und halten fest, wie erfolgreich sie ihre Übungen meistern konnten – so beispielsweise, wie häufig der Ball nach der Bodenrolle gefangen werden konnte. Jede Gymnastin hat bei den verschiedenen Handgeräten bestimmte Geräteschwierigkeiten zu bewältigen und stets neue Übungen zu lernen.
Gemeinsame Onlinetrainings: Woche 3 und 4
Nach den ersten beiden Video-Wochen starteten die Trainerinnen ab der dritten Lockdown-Woche gemeinsame Onlinetrainings mit den einzelnen Gruppen. In fünf Gruppen mit maximal sieben Kindern pro Gruppe trainieren derzeit 25 Gymnastinnen. Grössere Gruppengrössen sind nicht möglich, da die Trainerinnen stets alle Kinder überblicken können müssen, um Hilfestellungen zur Ausführung geben zu können. Ein Onlinetraining mit Sarah, Tina oder Stephanie dauert rund zwei Stunden und fand für jede Gruppe einmal pro Woche statt. Ergänzend blieben der individuelle Trainingsplan mit Videos und die Trainingsprotokolle bestehen.
Challenges und Intensivierung: seit Woche 5
Mit der fünften Lockdown-Woche wurden die gemeinsamen und bei den Gymnastinnen beliebten Onlinetrainings ausgebaut. Neu trainiert jede Gruppe drei Mal «zusammen» online. Neben den bisherigen Trainingseinheiten mit den Leiterinnen werden nun auch Ballett-Stunden mit Jacqueline Brix, welche die Gymnastinnen bereits aus den Trainingswochen kannten, und abwechslungsreiche Beweglichkeitstrainings mit der Zirkusartistin Colette Orler durchgeführt.
Langeweile kommt bei den Gymnastinnen jedenfalls keine auf, denn auch mit Challenges, welche sich die Trainerinnen ausdenken, werden sie gefordert und motiviert: Wer kann die Tricks mit den Handgeräten nachmachen? Und wer schafft es, den Pullover im Handstand an- und wieder auszuziehen? Durch Würfelspiele werden die Gymnastinnen in den Trainingsablauf einbezogen, indem beispielsweise jede Gymnastin einmal für alle würfelt und alle Gymnastinnen anschliessend miteinander die gewürfelte Übung durchführen.
Auch die Minis sind aktiv!
Für die «Minis» im Alter von 5 bis 6 Jahren, welche gerade erst mit der Rhythmischen Gymnastik starten und noch auf wenige bekannte Übungen aufbauen können, kann kein Online-Training stattfinden. Aber auch die Minis sind aktiv und bereiten sich auf den Trainingsbetrieb vor. Für sie steht ebenfalls ein rund 1.5-stündiges «Warm-Up»-Video zur Verfügung, mit welchem sie Übungen, die die Grundbasis der Rhythmischen Gymnastik bilden, absolvieren können. Hierzu gehören beispielsweise Übungen für die Sprungkraft wie Seilspringen oder «Fröschlihüpfen» oder das gezielte Rollen und Prellen mit dem Ball.
Planung, Möglichkeiten und Schwierigkeiten
Die Trainerinnen planen jeweils im Zwei-Wochen-Rhythmus und können so auch auf veränderte Voraussetzungen und Bedürfnisse der Gymnastinnen reagieren. Ergänzend zu den gemeinsamen Online-Trainings können die Gymnastinnen ihren Trainerinnen auch Videos vom individuellen Training zukommen lassen und sich Tipps zur Ausführung abholen.
Neben vielen Übungen, die die Gymnastinnen zuhause machen können, gibt es aber auch solche, welche nicht einzeln gemacht werden dürfen, weil via Bildschirm die Möglichkeit fehlt, einzugreifen, wenn eine Verletzungsgefahr droht. Daher sind bestimmte Übungen für das Hometraining «tabu». Das Vermeiden bestimmter Übungen hat sich bisher bewährt und Verletzungen gibt es keine zu verzeichnen.
Neben gemeinsamen Übungen bietet sich das Online-Training auch für andere Formen wie Mentaltraining an. So können die Kinder als Hausaufgabe ihre Abläufe der Vorführungen im Kopf durchspielen. Im gemeinsamen Training können die Gruppenübungen ebenfalls zur Musik durchgegangen werden und durch Zeichen der Gymnastinnen, wann sie die Übung beenden, zeigt sich, wo Unsicherheiten im Ablauf bestehen, die dann besprochen werden können.
Eine weitere Herausforderung des Hometrainings besteht für die Gymnastinnen darin, sich über längere Zeit hinweg auf den Bildschirm zu konzentrieren und den Kontakt zu ihren Trainerinnen und Gspänli, welche sie sonst viele Stunden pro Woche sehen, nur noch virtuell zu haben. Die Gymnastinnen sind aber sehr motiviert und diszipliniert trotz der erschwerten Umstände an ihren Übungen zu feilen und freuen sich auf die nächsten Wettkämpfe, welche zu gegebener Zeit dann wieder stattfinden können.
Bericht: Stephanie Blunschi & Jasmin Siemon
Bilder: RG Glarnerland